Concierto de Aranjuez, Mozart Requiem

Mozart in kubanischem Umfeld
Thomas Gabrisch, seit 2013 Künstlerischer Leiter des Konzertchores
Ratingen, pflegt intensive Kontakte mit Orchestern in Spanien und auf
Kuba. Der Chor ist erst vor wenigen Wochen von einer ereignisreichen
Konzertreise aus Kuba zurückgekehrt. Dass der ehemalige
Kapellmeister der Deutschen Oper am Rhein und Chefdirigent der
Nürnberger Symphoniker das Kernstück des diesjährigen Herbstkonzerts
in der fast voll besetzten Ratinger Stadthalle, Mozarts Requiem, mit
einem kubanischen Komponisten und Gitarristen garniert, verwundert
deshalb nur auf den allerersten Blick.
Joaquín Clerch stammt aus Kuba, studierte jedoch am Salzburger Mozarteum. Als Komponist und Gitarrist
hält er allerdings seiner Heimat die Treue. Das Herbstkonzert wird eröffnet mit einer düsteren
Auftragsarbeit des Ratinger Konzertchores, Canción, nach einem Gedicht der Schriftstellerin Marta
Aguirre, das die Stimmung eines sich von seinem Geliebten verlassenen Menschen einfängt. Ein
überwiegend leises, raffiniert instrumentiertes Werk, das dem Chor Gelegenheit zu langen
Gesangskantilenen gibt, die die Ratinger Sänger ebenso umsichtig ausführen wie die Sinfonietta Ratingen
den farbigen Orchesterpart. Ein zurückhaltender, introvertierter Gesang, der nicht zu Beifallsstürmen
einlädt. Entsprechend dezent und kurz fällt auch der Applaus aus.
Auf erheblich größere Begeisterung stößt Clerch anschließend als Solist des populären Concierto de
Aranjuez von Joaquín Rodrigo in Erscheinung. Ein Werk, das der international angesehene Gitarrist und
Lehrer souverän interpretiert, wobei ihn die Sinfonietta adäquat begleitet. Quasi ein Selbstläufer, den das
Publikum mit Beifall überschüttet. Als Belohnung gibt es ein kleines kubanisches Tänzchen.

Erheblich ernster wird es nach der Pause.
M o z a rt s Requiem in der bewährten
Süßmayr-Fassung verlangt Chor und
Orchester erheblich anspruchsvollere
Leistungen ab. Und hier zahlt sich
Gabrischs reiche Erfahrung als Dirigent
aus. Er schlägt moderat zügige Tempi an,
die nicht nur eine präzise Wiedergabe des
Notentextes zulassen, sondern auch den
spirituellen Gehalt des Werks zum
Ausdruck kommen lassen können. Eine
Wiedergabe ohne Pathos und
Verschleppungen, aber auch ohne
verhetzten Vorwärtsdrang. Das kommt
nicht nur den schnellen Fugati im Hosanna
und anderen Teilen zugute, die niemals
ihre melodische Linie verlieren.
Das ist nicht zuletzt das Verdienst einer vorzüglichen Vorbereitung durch Gabrisch, der für einen
homogenen, auch in den Männerstimmen voluminösen Klang sorgt. Feine dynamische Abstufungen
beachten Chor und das aufmerksam reagierende Orchester vorzüglich, so dass die Interpretation ihre
Wirkung nicht verfehlt.
Ein ausgeglichenes, teilweise hervorragendes Solistenquartett komplettiert die Aufführung mit der samten
tönenden Mezzosopranistin Elvira Bill an der Spitze, dicht gefolgt von der glockenklar intonierenden
Sopranistin Sabine Schneider, dem markant artikulierenden Tenor Cézar Dima und dem etwas dünn
klingenden Bass von Achim Hoffmann.
Große Begeisterung für ein Herbstkonzert auf hohem Niveau beschließt den erfolgreichen Abend.
Pedro Obiera